Bankenbarometer 2024

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Executive Summary

Teil I: Der Schweizer Bankensektor

Die Schweiz befindet sich in einem dynamischen wirtschaftlichen Umfeld, das von globalen wirtschaftlichen und geo­politischen Entwicklungen be­einflusst wird. Die Massnahmen zur Stärkung der Finanz­stabilität, des Regulierungsrahmens und die Förderung digitaler Innovationen sind entscheidend, um die Wettbewerbs­fähigkeit des Schweizer Finanzplatzes lang­fristig zu sichern.

Trotz verhaltenen Wirtschaftswachstums steigende Beschäftigung im Bankensektor Die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz war 2023 durch ein verhaltenes Wachstum gekenn­zeichnet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs um 1,3 Prozent, was auf eine Verlangsamung des globalen Wirtschafts­wachstums und eine gedämpfte inter­nationale Nachfrage zurückzu­führen ist. Der Swiss Banking Outlook prognostiziert für Ende 2024 ein weiterhin verhaltenes BIP-Wachstum von 1,2 Prozent. Die Schweize­rische Nationalbank (SNB) hat im ersten Halbjahr 2024 als Reaktion auf die nachlassende Inflation den Leitzins in zwei Schritten auf 1,25 Prozent gesenkt. Die Arbeitslosenquote blieb niedrig, nahm jedoch im zweiten Halbjahr 2023 leicht zu. Demgegenüber nahm die Anzahl der Beschäftigten im Bankensektor im Jahr 2023 um 1,4 Prozent weiter zu. Robustes internationales Finanzsystem und Weiterentwicklung des Too-Big-To-Fail-Dispositivs Die globalen Finanzmärkte wurden 2023 von hohen Zinserfolgen und dem Zusam­menbruch mehrerer US-Banken sowie der Credit Suisse geprägt. Trotz dieser Heraus­forderungen erwies sich das internationale Finanzsystem als robust. In der Schweiz steigerten die inländisch orientierten Banken aufgrund der gestiegenen Zinssätze ihre Rentabilität und die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS führte zu einer sofortigen Stabilisierung der Situation bei der Credit Suisse und dem Finanzsystem im In- und Ausland. Der Bundesrat analysierte daraufhin die Regulierung systemrelevanter Banken und schlägt mehrere Massnahmen zur Weiter­entwicklung des Too-Big-To-Fail-Dispositivs vor, darunter den Ausbau der Liquiditätsversorgung durch die SNB und die Einführung eines Public Liquidity Back­stops. International abgestimmte Regulierung fördert die Standortattraktivität Die Schweizer Banken- und Finanzmarkt­regulierung spielt eine zentrale Rolle für die Standort­attraktivität und Wettbewerbs­fähigkeit des Finanz­platzes. Die Schweiz gehört hinsichtlich der Regulierung gemäss Swiss Finance Institute (SFI) zu den welt­weit führenden Finanzplätzen und passt die Regeln laufend an. Das regulatorische Reform­projekt «Basel III final» zielt darauf ab, die Risikosensitivität der Eigen­kapital­regulierung zu erhöhen und eine Kapital­untergrenze bei der Verwendung interner Modelle einzuführen. Die vom Bundesrat beschlossene Umsetzung ab Anfang 2025 schwächt jedoch die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes im Ver­gleich zu anderen internationalen und bedeu­tungsstarken Finanzplätzen. Relevante Kernmärkte wie die Europäische Union (EU), das Vereinigte Königreich (UK) und die USA führen die finalen Basel III Standards oder wesentliche Teile davon später ein. Eine weitere aktuelle Reform betrifft das Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen (TJPG), dass die Bekämpfung der Geldwäscherei verstärken soll. Im Rahmen einer lang­fristigen Strategie zur Umsetzung von inter­nationalen Richtlinien halten sich Schweizer Banken strikt an die Sanktionen von schweize­rischen, internationalen und supranationalen Gremien. Verbesserter Marktzugang durch internationale Abkommen Der Bundesrat hat das Verhandlungs­mandat zur Weiterentwicklung der bi­lateralen Beziehungen mit der EU ver­abschiedet und ein Finanz­dienst­leistungs­abkommen mit dem UK unter­zeichnet. Diese Massnahmen sollen den Zugang zum EU-Binnenmarkt und zum britischen Markt verbessern und die Wett­bewerbsfähigkeit des Schweizer Finanz­platzes stärken. Die laufenden Arbeiten in Bezug auf die China-Schweiz Beziehung, die zuletzt im April 2024 durch ein Finanz­markttreffen auf Ministerebene in Peking verstärkt wurde, betont die Be­deutung der internationalen Präsenz und Marktzugänge für die Schweiz. Innovationsschub durch digitale Finanzdienstleistungen Im Bereich der digitalen Finanz­dienst­leistungen schaffen Projekte wie der digitale Schweizer Franken und Open Finance die Grundlage für neue und inno­vative Geschäftsmodelle. Die Ein­führung eines auf Blockchain basierenden Buchgeld-Tokens soll den Handel und die Abwicklung digitaler Vermögenswerte sowie den Zahlungs­verkehr erleichtern. Ab August 2024 sind die grössten Banken im Retail­geschäft verpflichtet, Instant Payments zu ver­arbeiten, was Zahlungen in Echtzeit ermöglichen wird. Gleichzeitig wird die Einführung einer elektronischen Identität (E-ID) angestrebt, um Sicherheit und Vertrauen bei digitalen Transaktionen zu erhöhen. Attraktive steuerliche Rahmenbedingungen erhalten Attraktive steuerliche Rahmenbedingungen sind essenziell für die Wettbewerbs­fähigkeit des Schweizer Finanzplatzes. Die OECD-Mindest­steuer für international tätige Unternehmens­gruppen wurde in der Schweiz per Januar 2024 eingeführt. Zu­dem arbeitet die UNO an einer Neu­verteilung des weltweiten Steuer­auf­kommens, was die steuerliche Handlungs­fähigkeit der Schweiz beeinflussen könnte. Die Einführung des Crypto Asset Reporting Framework (CARF) im Januar 2026 soll die Steuertransparenz bei digitalen Ver­mögens­werten erhöhen. In Anbetracht dieser Entwicklungen steht die Schweiz vor der Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen der Einhaltung internationaler steuerlicher Standards und der Aufrecht­erhaltung der Wettbewerbs­fähigkeit ihres Finanzplatzes zu finden.

Teil II: Konsolidierte Entwicklung der Banken

Das Jahr 2023 war für die Schweizer Banken von einer positiven Gesamt­entwicklung geprägt. Der aggregierte Geschäfts­erfolg stieg um 2,9 Prozent auf CHF 72,3 Mrd., wobei ins­besondere die Kantonal- und Börsen­banken starke Zuwächse ver­zeichneten. Der Jahresgewinn für den gesamten Sektor betrug historisch hohe CHF 25,9 Mrd. Insgesamt sind die Erfolgs­zahlen jedoch stark geprägt durch einmalige Effekte im Zu­sammen­hang mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS.

Einmalige Effekte bei den Grossbanken bremsen den aggregierten Zinserfolg Während namentlich die inlandorientierten Banken im Zinsgeschäft sehr gute Ergeb­nisse erzielten, kam es bei den Gross­banken zu einem starken Rückgang. Auf Sektorebene stiegen die Zinserträge zwar um beeindruckende 86,3 Prozent (CHF 40,2 Mrd.). Insgesamt sank jedoch der Zinserfolg um 172,4 Mio. Grund dafür waren hohe Zinsaufwände, die im Umfeld des Untergangs der Credit Suisse anfielen und die Ergebnisse im Zinsgeschäft beein­trächtigten. Der Erfolg aus dem Handels­geschäft verzeichnete einen starken Anstieg von 21,3 Prozent gegen­­über dem Vorjahr, was auf ein volatiles Börsenjahr 2023 zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu setzte sich der rückläufige Trend im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft fort, mit einer Abnahme von 6,7 Prozent, bedingt durch geringere Erträge aus dem Wertpapier- und Anlagegeschäft. Das verwaltete Vermögen stieg im Jahr 2023 um 6,9 Prozent auf CHF 8’391, 7 Mrd. Davon stammten CHF 3’794,4 Mrd. von ausländisch domizilierten und CHF 4’597,3 Mrd. von inländisch domizilierten Kunden und Kundinnen. Insgesamt resultierte aus diesen Ent­wicklungen eine Zunahme des aggregierten Geschäfts­erfolgs um 2,9 Prozent. Der Jahresgewinn aus der Geschäftstätigkeit der Banken stieg aufgrund ausser­ordent­licher Erträge im Zusammenhang mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS auf CHF 25,9 Mrd. Dies stellt einen historischen Höchstwert dar, der aber massgeblich auf den negativen Goodwill der UBS bei der Übernahme der Credit Suisse zurückzuführen ist. Die Banken entrichteten Unternehmenssteuern in der Höhe von CHF 3,2 Mrd., was einer Zu­nahme von 52,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Stabilisierung der flüssigen Mittel, restliche Aktivpositionen mehrheitlich rückläufig Im Jahr 2023 verringerte sich die aggre­gierte Bilanzsumme aller Banken in der Schweiz um 4,9 Prozent auf CHF 3’177,0 Mrd., wobei die Grossbanken besonders betroffen waren. Auf der Aktiv­seite stiegen die Hypothekarforderungen leicht an und blieben mit einem Anteil von 37,8 Prozent weiterhin die grösste Position. Die flüssigen Mittel, die im Vorjahr stark zurückgegangen waren, stabilisierten sich und ver­zeichneten eine Zunahme von 2,4 Prozent. Wie auch die geringeren Abnahmen der Girogut­haben bei der SNB ist die Stabilisierung auf die gestiegenen Leitzinsen und die damit verbundenen höheren Opportunitäts­kosten der Liquiditätshaltung zurück­zu­führen. Gleichzeitig kam es zu deutlichen Rückgängen bei den Forderungen gegen­über ausländischen Kundinnen und Kunden sowie Banken. Bei den Passiven setzt sich das Wachstum bei den Termineinlagen fort Auf der Passivseite nahmen die Verpflich­tungen aus Kundeneinlagen im Jahr 2023 ab. Diese Abnahme ist vor allem auf tiefere Sichteinlagen (–23,8%) zurückzuführen. Ein Teil dieser Gelder wurde in Termineinlagen (+50,2%) umgeschichtet, da die Kundinnen und Kunden angesichts der Zinswende vermehrt langfristige Anlagen bevorzugten. Ein weiterer Teil des Rückgangs steht jedoch im Zusammenhang mit der Un­sicher­heit bei der Credit Suisse und der Übernahme durch die UBS. Der Rückgang bei den Verpflichtungen gegenüber Banken um CHF 22,4 Mrd. ist haupt­sächlich auf Abnahmen im Ausland zurückzuführen. Die Veränderungen bei den Passivpositionen spiegeln die Anpassungen der Banken an das veränderte Zinsumfeld und die damit verbundenen Kundenpräferenzen wider. Anzahl Beschäftigte bei den Banken in der Schweiz nimmt weiter zu Die Schweizer Banken verzeichneten 2023 eine stabile Beschäftigungslage mit einem leichten Wachstum der Anzahl Beschäf­tigten. Insgesamt beschäftigten die Banken in der Schweiz Ende 2023 93’299 Personen (in Vollzeitäquivalenten), was einem Anstieg von 1’280 Stellen gegen­über dem Vorjahr entspricht. Die Arbeits­losenquote im Finanzsektor blieb stabil bei 2,3 Prozent, was dem Schweizer Durch­schnitt entspricht. Trotz der Heraus­forderungen durch die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS zeigte sich der Schweizer Banken­sektor in Bezug auf die Beschäftigung weiterhin robust. In der ersten Jahreshälfte 2024 blieb die Beschäftigung bei den Schweizer Banken im Inland gemäss einer Umfrage der Schweize­rischen Bankier­vereinigung (SBVg) stabil. Der Rückgang des totalen Personal­bestands um 1,3 Prozent ist ausschliesslich auf die Entwicklung im Aus­land zurückzu­führen. Die Arbeitslosenquote im Finanz­sektor stieg gemäss SECO gegenüber Ende 2023 auf 2,6 Prozent. Die Aussichten für die Beschäftigung für das zweite Halbjahr sind bei den befragten Banken verhalten positiv. Die UBS wurde für die Prognose nicht berück­sichtigt. Während 7,6 Prozent der befragten Banken von einem Rückgang der Beschäftigten ausgehen, erwarten 36,2 Prozent der Befragten einen Arbeits­platzaufbau – der grösste Teil mit 56,2 Prozent ist neutral. Die Anzahl Banken mit Rekrutierungsschwierigkeiten aufgrund des Fach­kräftemangels bleibt konstant hoch. Die besten Aussichten auf eine steigende Beschäftigung im zweiten Halbjahr 2024 haben gemäss Umfrage die Geschäfts­bereiche Retail Banking, Wealth Manage­ment und Logistik.

Abbildung 1

Moderates Wachstum und Stabilisierung im ersten Halbjahr 2024 Die wirtschaftliche Entwicklung blieb in der ersten Jahreshälfte 2024 moderat positiv. Der Swiss Banking Outlook 2024 erwartet für 2024 ein BIP-Wachstum von 1,2 Prozent. Die Inflation blieb im ersten Halbjahr moderat und stabil, und die SNB senkte ihren Leitzins vor anderen wichtigen Zentralbanken auf 1,25 Prozent. Die aggregierte Bilanzsumme der Schweizer Banken stieg um 2,9 Prozent auf CHF 3’380,8 Mrd. Die Forderungen gegenüber Banken und die Handels­bestände nahmen zu, während flüssige Mittel und Finanz­anlagen leicht abnahmen. Die Verpflich­tungen aus Kundeneinlagen und gegenüber Banken stiegen, während die Anleihen zurückgingen. Die verwalteten Vermögen stiegen um 8,0 Prozent auf CHF 9’069 Mrd. und überschritten damit erstmals die CHF 9’000 Mrd.-Marke. Dies wurde unter anderem durch die positive Entwicklung der Aktienmärkte vorangetrieben, was sich in einer starken Zunahme der Wertschriften­bestände zeigte (+7,7%). Die Verpflich­tungen gegenüber Kundinnen und Kunden ohne Einlagen auf Sicht stiegen um 9,5 Prozent, was das Vertrauen in den Schweizer Banken­platz widerspiegelt. Gemäss SNB reflektiert diese Position zu­dem Anpassungseffekte aufgrund der neuen Bilanzierungsstruktur nach der Über­nahme der Credit Suisse.

Abbildung 2

Der Redaktionsschluss des Banken­barometers 2024 war am 16.8.2024.